Die älteste Geschichte der Welt – An Liebe stirbst du nicht von Géraldine Dalban-Moreynas
Übersetzt aus dem Französischen von Sina de Malafosse
Nick Lüthi
Es gibt diese Kräfte im Leben, die unausweichlich sind. Urgewaltig preschen sie voran, alle wissen bereits, was kommen wird, niemand hat die Macht, es zu verhindern. Es ist die grösste Kraft in der ältesten Geschichte der Welt.
Genau so eine Geschichte erzählt Géraldine Dalban-Moreynas in ihrem Roman. Frau trifft Mann. Mann trifft Frau. Es wird kommen, was kommen muss. Sie ist verlobt, steht kurz vor der Heirat. Er ist bereits verheiratet, hat eine kleine Tochter. Beide sind sie dreissig und beide wohnen sie seit kurzem im gleichen Gebäude in Paris. Beide sind sie seit dem ersten Moment so zueinander hingezogen, dass sie nicht anders können werden, als dieser Sehnsucht nachzugeben. Unweigerlich wird also passieren, was passieren muss. Kurzum: die älteste Geschichte der Welt.
So weit, so wenig Neues. Innovation bezüglich des Stoffes muss man der Autorin nun wirklich nicht vorwerfen. Ihr Debüt arbeitet sich an einer amour fou ab, eine Liebesgeschichte wie sie im Buche steht. Dementsprechend ist es natürlich weniger die Geschichte selbst, die im Vordergrund steht als deren Erzählweise. Es gelingt Dalban-Moreynas tatsächlich, die meisten Klischees und Allgemeinplätze zu vermeiden und sich ganz auf die Figuren einzustellen. Diese beiden Hauptfiguren sind mit kurzen, knappen Strichen gezeichnet. Neben ihnen wird alles verblassen, zum Nebenschauplatz werden.
Erzählt wird diese Geschichte zweier Individuen, die schnell zum “Wir” verwachsen in knapper, poetisch-verdichteter Sprache. Die Sätze sind kurz und direkt. Übersetzerin Sina de Malafosse ist es gelungen, die Eindringlichkeit der Sprache zu bewahren und sie in ein treibendes Deutsch voller Spannung zu bringen. Von dieser Atmosphäre und seinen Figuren lebt denn auch der Roman.
Die Geschichte um die Liebe zweier Menschen ist nicht umsonst die älteste der Welt. Auch wenn man sie schon oft gehört hat, man mag sie doch ab und an gerne wieder hören. Wenn sie, wie hier, eindringlich erzählt ist und Allgemeinplätze vermeidet umso mehr.
Géraldine Dalban-Moreynas: An Liebe stirbst du nicht.
Aus dem Französischen von Sina de Malafosse.
Originalveröffentlichung 2019.
192 Seiten.
Nagel & Kimche.
Webseite zum BuchZum Buch: Schutzumschlag · bedruckter Einband (Karton) · Klebebindung
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1983 haben Renate Nagel und Judith Kimche den Verlag Nagel & Kimche in Zürich gegründet. Im Programm finden sich seit jeher wichtige Schweizer Autor*innen, Übersetzungen und seit neuerem auch Sachbücher.
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