#fickfisch von Maja Siffredi
Nick Lüthi
Tabus kennt Maja Siffredis Roman nicht. In einem wilden Ritt wird weisses Pulver durch die Nase gezogen, das Hinterteil mit dem Rohrstock drangsaliert und Körperflüssigkeit ausgetauscht. Wer den Magen dafür hat, findet hier eine unterhaltsame Textsammlung, die restlichen Abenteurer werden dem nicht vorhandenen Erzählstrang dieses Romanes nachtrauern.
Ganz klar, ein Werk das #fickfisch heisst, zeigt schon im Titel an, worauf es hinauslaufen wird: aufs Ficken. Explizite Sexualität gibt es wahrlich reichlich in diesem Roman. In kolumnenartigem Stil schreibt Maja Siffredi über das Leben einer Kellnerin, die meistens zugedröhnt, und immer erregt, durch ihr Leben tingelt.
Bei Werken, die Sexualität explizit zur Schau stellen und hauptsächlich davon berichten, stellt sich immer die Frage, ob das Werk rein davon handelt und eigentlich nur dazu dient, die Leser*in aufzugeilen, oder ob breitere Bezüge geschaffen, weitere Motive erkundet werden. Charlotte Roches Feuchtgebiete (egal was man vom Roman selbst hält) ist beispielsweise ein exzellentes Beispiel für einen Roman, der über das reine Abfeiern der Sexualität hinausgeht und das Innenleben der Protagonistin in ihrem Benehmen spiegelt und fein nachzeichnet. Hier ist das leider nicht so. Die Protagonistin ist dafür zu wenig scharf gezeichnet, als dass man klare Motive für ihr Handeln erkennen könnte. Auch stilistisch ist da zu wenig Raum, zu wenig Leser*innenführung, um über die Nacherzählung sexueller Handlungen wirklich hinauszugehen.
Diese Kritik ist nur insofern fair, als dass das Buch explizit als Roman ausgewiesen wird (was die Verlagsseite tut, im Buch aber nirgends steht). Denn, wenn dieses Buch ein Roman ist, ist es kein guter. Es gibt kein erkennbares Narrativ, die Figuren wechseln wild hin und her, ohne dass klar wird, wer wer ist. Eine Orientierung ist fast nicht möglich. Auch ein Spannungsbogen ist nicht erkennbar oder gar eine Entwicklung der Protagonistin. Ziemlich viele Kriterien für einen Roman also, die hier nicht erfüllt werden.
Es kann nur vermutet werden, weshalb #fickfisch als Roman bezeichnet wird. Ich vermute, dahinter liegt die Befürchtung, dass die Kolumnenartigkeit ansonsten auf einen dokumentarischen Ursprung hinweisen würde. Dem ist nicht so, es handelt sich hier ganz klar um ein fiktionales Werk. Die Kolumnenartigkeit liefert aber auch eine Möglichkeit, das Buch anders zu betrachten. Als Sammlung von Texten. Als Textgattung ist die Kolumne nicht zwingend der Wahrheit verpflichtet, zumindest nicht ausschliesslich oder so explizit wie andere Textformen. Zudem macht so der ganze Text sehr viel mehr Sinn und gibt auch mehr her. Wenn das nämlich einfach kurze Texte sind, stellt man schnell fest, dass Maja Siffredi etwas gut kann: zugespitzt und pointiert erzählen. Ohne sich gross mit der Figurenkonstellation oder Spannungsbögen zu befassen, werden hier Situationen skizziert und zugespitzt, lose verbunden durch die jeweils hindurchtanzende Protagonistin.
#fickfisch bietet kurzweilige Unterhaltung über das aufregende Sexualleben einer jungen Frau. Das ist nicht immer leichte Kost und stellenweise ziemlich heftig, von Maja Siffredi aber pointiert und zugespitzt erzählt. Als loser Verbund von unterhaltsamen Texten, die nicht über das Schildern von Sexualität hinausgehen, funktioniert das. Wer ein weitergehendes Narrativ, Figurenentwicklung oder einen Spannungsbogen sucht, wird hier aber nicht fündig werden.
Zum Buch: Broschur · Klebebindung
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